Am 22. Juli 2024 wird weltweit der „World Brain Day“ begangen. In diesem Jahr steht dieser Tag unter dem Motto „Hirngesundheit und Prävention bei neurologischen Erkrankungen“. Nach Schätzungen neurologischer Fachgesellschaften leidet jeder dritte Weltbürger an einer neurologischen Erkrankung. Erkrankungen des Nervensystems sind nach Krebs und Herzerkrankungen die dritthäufigste Ursache für Behinderungen und vorzeitige Todesfälle. Zusätzlich ist aber auch die Vielzahl an Patientinnen und Patienten mit Migräne oder Spannungskopfscherzen zu berücksichtigen. Laut Schätzungen könnten durch geeignete Präventionsmaßnahmen bis zu 90 % der Schlaganfälle, 40 % der demenziellen Erkrankungen und 30 % der Epilepsie vermieden werden.
Gehirngesundheit steht nicht nur für die Abwesenheit neurologischer Erkrankungen, sondern generell für einen Zustand eines allgemein körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens. Unser Gehirn ist das komplizierteste Organ, welches die Natur jemals hervorgebracht hat. Es stellt jenes Organ dar, das unsere Persönlichkeit und die Vielzahl unserer geistigen und mentalen Fähigkeiten repräsentiert. Gleichzeitig ermöglicht unser Gehirn Interaktionen mit anderen Menschen und unserer Umwelt. Ebenso zeichnet sich unser Gehirn durch die Fähigkeit aus, lebenslang zu lernen.
Dr. Peter Schnider: „Für die Gesundheit im Allgemeinen, besonders für die Gehirngesundheit ist es wichtig entsprechende Maßnahmen im täglichen Ablauf zu etablieren.“ Entsprechende Maßnahmen umfassen zum Beispiel im Schulbereich die notwendigen, täglichen Bewegungseinheiten und Etablierung von Lehrinhalten, die das gesunde Gehirn im Fokus haben. Ausreichend körperliche Bewegung stellt einen Schlüsselfaktor in der Prävention neurologsicher Erkrankungen dar. Dabei kommt es zu einer deutlichen Zunahme der Hirndurchblutung, die auch kurz- und langfristig kognitive Prozesse verbessern kann.
Ebenso muss man über Maßnahmen nachdenken, die leichte und schwere Verletzungen des Gehirns noch weiter zurückdrängen können, wie z.B. die Helmpflicht bei E-Scootern, E-Bikes etc. Neben den bekannten Folgen schwerer Hirnverletzungen, dürfen auch wiederholte leichtere Hirnverletzungen nicht unterschätzt werden, da sie häufiger nach Jahren zu neurodegenerativen Erkrankungen oder Epilepsien führen können.
Dr. Schnider weiter: „Die Bedeutung von Pestiziden für die Zunahme neurodegenerativer Erkrankungen wie z.B. Parkinson darf nicht unterschätzt werden. Hier wäre ein Umdenken und offener Diskurs in allen Bereichen unserer Gesellschaft sinnvoll.“ Dies wurde aus Sicht der Neurologie in der zuletzt geführten Diskussion bezüglich der Reduktion der Pestizidbelastung und des Glyphosat-Verbots zu wenig wahrgenommen. Meist wird lediglich über Artenschutz und mögliche Auswirkungen auf Krebserkrankungen gesprochen. Neurotoxische Wirkungen von Pestiziden sind allerdings schon seit Jahren bekannt, diverse Substanzen (z.B. MPTP und Rotenon), die früher als Pestizide eingesetzt wurden, werden durchaus verwendet, um in Tiermodellen die Auswirkungen einer Parkinsonerkrankung zu erforschen.
Aber auch der Einzelne ist in seiner individuellen Hirnprävention gefragt. Eine gesunde mediterrane Kost mit Olivenöl, Fisch und einer Orientierung auf pflanzliches Eiweiß stellt wohl das günstigste Profil zur Vermeidung von Schlaganfällen und neurologisch degenerativen Erkrankungen dar. Fleischkonsum ist nicht verboten, sollte aber auf kleinere Mengen reduziert werden. Ebenso weist unsere Ernährung einen zu hohen Zuckergehalt durch üppige Speisen und ständiges Naschen auf. Zucker versteckt sich in vielen Getränken und Lebensmitteln. Zucker ist zwar ein lebensnotwendiger Treibstoff für unser Gehirn, doch auch hier macht die „Dosis das Gift“. Zu hohe Blutzuckerspiegel führen zu Gefäßschäden, Atherosklerose und Diabetes mellitus. Ebenso wurde durch eine ständige Überzuckerung des Gehirns auch eine Beeinträchtigung der synaptischen Übertragung im Gehirn nachgewiesen, die in weiterer Folge zu einer Beeinträchtigung aller kognitiven Leistungen führt. Auch der hohe Gehalt an gesättigten Fettsäuren in vielen Nahrungsmitteln führt zu einer zunehmenden Arteriosklerose oder Hypertonie, was wiederum Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall nach sich zieht. Eine regelmäßige ärztliche Kontrolle bekannter Gefäßrisikofaktoren wie erhöhter Blutdruck und erhöhte Cholesterinwerte helfen gesund zu bleiben. Jeder zweite Mensch weist nach dem 60. Lebensjahr einen erhöhten Blutdruck auf, der oft unentdeckt und unbehandelt bleibt. Wir wissen aber, dass Patientinnen und Patienten mit einem nicht ausreichend eingestellten Blutdruck ein 40 % höheres Risiko haben an einer Demenz zu erkranken. Erfolgt eine ausreichende Einstellung des Blutdrucks, kann dieses Risiko jedoch deutlich entschärft werden. Ebenso stellt Rauchen mit über 250 giftigen Stoffen und ein übermäßiger Alkoholkonsum ein unterschätztes Risiko für unterschiedliche neurologische Erkrankungen dar.
In den letzten Jahren wird vermehrt auf eine gesunde Darmflora (Mikrobiom) hingewiesen. Unser Körper lebt in einer riesigen Wohngemeinschaft mit Bakterien und Pilzen, die ein Gewicht von 1,5 kg ausmachen. Auch wenn ein gesundes Darmmikrobiom noch nicht eindeutig bestimmt wurde, steht doch fest, dass eine hohe Artenvielfalt ohne krankmachende Erreger vorteilhaft ist. Eine Hochregulation von krankmachenden Erregern wurde in Zusammenhang mit bestimmten neurologischen Erkrankungen, wie Demenz, aber auch Autismus und Depression beschrieben. Auch hier gilt, eine ausgewogene Kost, angereichert mit probiotischen Nahrungsmittel, die lebende Keime enthalten, ist hilfreich. Dazu gehören auch fermentierte Nahrungsmittel wie Sauerkraut und Essiggurken sowie Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir. Fastfood ist für den Darm jedenfalls nicht zuträglich.
Bildtext: Univ. Prof. Dr. Peter Schnider
Foto: LK Hochegg
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